Braucht ein Verein eigentlich Jugendarbeit?

Diese Frage stelle ich mir immer wieder, wenn ich sehe, dass es viele Vereine scheinbar schaffen, auch ohne eigene Jugendarbeit einigermaßen über die Runden zu kommen. Die nächste Frage, die sich mir dann aber jedes Mal aufdrängt ist: Müssten diese Vereine nicht über kurz oder lang verschwunden sein? Wieso investieren sie nicht in die Zukunft ihres eigenen Clubs?

In meiner Vorstellung gründet man einen (Sport-)Verein nicht, damit er nach einigen Jahren wieder in der Versenkung verschwindet. Gleiches sollte auch für Leute gelten, die in bereits existierenden Vereinen ein Vorstandsamt übernehmen, oder? Irgendein Ziel oder eine Vision sollte man dabei doch haben (auch wenn Altkanzler Helmut Schmidt sagte „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“). Gründungs- bzw. Vorstandsmitglieder sollten ein Interesse daran haben, ihren Verein voranzubringen – egal in welcher Form, ob leistungsmäßig, bei den Mitgliederzahlen oder beim Bekanntheitsgrad. Wieso kann es dann vorkommen, dass Vereine keinerlei Interesse an der Förderung ihrer Zukunft haben – in Form von Jugendarbeit?
Nach Angaben des niedersächsischen Tischtennisverbands  findet in nahezu jedem dritten niedersächsischen Tischtennisverein keine Jugendarbeit statt! In meiner eigenen Sportart, dem Badminton, sieht es zum Teil noch erschreckender aus. Von 25 Vereinen aus der Stadt Frankfurt am Main, die im Hessischen Badminton-Verband Mitglied sind, betreiben nach Angaben auf deren Internetseiten nur 13 Clubs Jugendarbeit. Das sind gerade einmal 50 Prozent. Und von diesen 13 Vereinen nehmen überhaupt nur sieben mit ihrem Nachwuchs regelmäßig an Wettkämpfen teil! Woher nehmen die anderen 50 Prozent der Vereine ihre Spieler? Gut, der ein oder andere davon mag ein reiner „Hobbyverein“ ohne jegliches Interesse an Wettkämpfen sein, einige haben im Erwachsenenbereich jedoch Teams zum offiziellen Spielbetrieb gemeldet.

Wovor scheuen gerade diese Vereine zurück? Können oder wollen sie sich die Arbeit, die Jugendliche zweifellos machen, nicht leisten? „Kaufen“ sie stattdessen lieber „fertige“ Spieler von außerhalb ein? Keine Jugend zu haben, macht einen Verein zwar nicht auf der Stelle kaputt, aber ohne Nachwuchs löst sich jeder Verein zweifelsohne irgendwann auf völlig „natürliche“ Weise auf. Damit ein Verein langfristig bestehen kann, ist eine (möglichst erfolgreiche) Jugendarbeit unumgänglich. Auch und gerade in Sportarten, wie dem Fußball, wo bereits in den untersten Spielklassen Ablösesummen und „Gehälter“ für Spieler bezahlt werden müssen. Denn Mitglieder, die bereits von Kindesbeinen an, in „ihrem“ Verein aufgewachsen sind, haben nachweislich eine viel größere Bindung zum Club als später hinzugestoßene Sportler. Sie sind viel eher bereit, Verantwortung im Verein zu übernehmen (sei es als Trainer, Schiedsrichter oder Funktionär) und verzichten oftmals auch auf das „Gehalt“, das man externen Spielern zahlen  muss, um sie zum eigenen Verein zu locken.

Jugendarbeit zahlt sich dabei jedoch keinesfalls vor allem finanziell aus. Sie ist bestenfalls ein kostenneutrales Geschäft. Gewinn kann ein Verein nur selten mit seiner Jugend erwirtschaften. (Hier eine interessante Diskussion dazu.) Vereine sind jedoch keine wirtschaftlich denkenden Unternehmen, sondern im Allgemeinen gemeinnützig. Wenn man als Verein schon nicht an seine eigene Zukunft denken mag, sollte man sich dann nicht wenigstens diesen Grundsatz vor Augen führen? Sollte man Kindern und Jugendlichen nicht die Möglichkeit bieten, Spaß am Sport und der Bewegung zu finden, viele neue Erfahrungen zu sammeln, gemeinsame Erfolge und auch Misserfolge zu erleben und neue Freunde durch den Sport zu finden? Ich meine ja.

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